Demo und Straßenfest 2015

Zurückgegangen auf den Gedanken am 1.Mai ein klares antikapitalistisches Zeichen in Trier zu setzen und trotzdem ganz klar keine Konkurrenzveranstaltung zum Fest des DGB zu oganisieren, sondern eine anschließende, beschloss das Maibündnis in Absprache mit dem DGB Trier bei Beginn des Familienfestes des DGB mit einer Demonstration zum Straßenfest auf den Platz der Solidarität (Eberhardstraße/Ecke Weidegasse) nach Trier-Süd zu ziehen. 16 Jahre nach dem faschistischen Brandanschlag auf den alten Infoladen in der Eberhardstraße während eines Festes 2001 (siehe: https://www.infoladen.de/netz/intern1.htm) wieder ein Fest für den Infoladen (2015 in der Hommerstraße 14) zu organisieren, war ein öffentlich wahrnehmbares Zeichen, dass die linke Szene in Trier noch aktiv war. Das Ergebnis war ein überraschend gut besuchtes Straßenfest, kämpferische Reden, Musik aus der Dose, veganes Essen, eine Filmvorführung, ein überfüllter Infoladen gute Stimmung von unterstützenden Organisationen, Vertreter*innen verschiedener Organisationen, vielen Geflüchteten und Nachbar*innen.

Aufruf des Maibüdnisses 2015:

Es wird behauptet, wir würden zu mündigen Menschen erzogen, aber in Schule, Ausbildung und Universität regulieren immer striktere Stundenpläne unser Lernen und bestimmen unsere Lebenszeit. Die erkämpfte Lockerung der Geschlechterrollen hat die doppelte Unterdrückung von Frauen nicht aufgehoben, die weiterhin vorwiegend alleine für Sorge-Arbeiten zuständig sind, sich aber zugleich auch in Beruf und Karriere durchsetzen müssen. Der gesellschaftliche Reichtum wächst, aber das gute Leben für Alle lässt weiter auf sich warten. Stattdessen dominieren Umverteilung nach oben, Stress und Langeweile auf der und Angst um Arbeit. Die weltweite Warenproduktion verspricht globale Freizügigkeit. Aber die Verlierer genau dieser Warenproduktion sterben zu Tausenden an den Außengrenzen der Europäischen Union. Technischer Fortschritt könnte unser Leben erleichtern und Arbeit einsparen, aber in Deutschland hat sich schon seit der Revolution von 1918 am 8-Stunden-Tag nichts geändert – trotz zunehmender Arbeitslosigkeit.
Die Möglichkeiten, die uns für ein selbstbestimmtes und gemeinsames, angstfreies und solidarisches Leben zur Verfügung stünden, stehen im Widerspruch zum Kapitalismus und seinen alltäglichen Zumutungen. So lange unser Lernen der Verwertung dient und unsere Leben in Privatheit und Arbeit zerstückelt sind, so lange der gesellschaftliche Reichtum den meisten von uns in Form von Waren entzogen bleibt und so lange die Menschheit in Klassen, Nationen und Geschlechter gespalten ist, leben wir im Widerspruch. Freilich werden solche Widersprüche sehr unterschiedlich verarbeitet.
Der 1. Mai als internationaler Kampftag der Arbeiter*innenbewegung steht für ein fortschrittliches Vorgehen: Angesichts der immer weiter steigenden Produktivität bei gleichzeitiger Überlastung und Verelendung der Arbeiter*innen, hat die nordamerikanische Arbeiterbewegung am 1. Mai 1886 den Generalstreik für den Acht-Stunden-Tag ausgerufen. In der Folge kam es zu Auseinandersetzungen, für die der Staat des Kapitals sechs Anarchisten zum Tode verurteilte. In Erinnerung an diesen Kampf und seine Ziele erklärte der Internationale Sozialistenkongress von 1889 den 1. Mai zum Kampftag und rief zum 1. Mai 1900 zu Demos für den Acht-Stunden-Tag auf.
So sehr das Leiden unter den kapitalistischen Widersprüchen ein Anfangspunkt für radikalere Kämpfe sein kann, so ist es doch keine Garantie für richtige Einsichten und ein fortschrittliches Bewusstsein. Wir haben in den letzten Monaten erlebt, wie Menschen ihre Angst vor sozialem Abstieg in rassistische Ressentiments umgemünzt und als Hetze gegen Ausländer auf die Straße getragen haben. Unter dem Deckmantel von Religionskritik haben PEGIDA und ihre Ableger in vielen deutschen Städten 1000e Anhänger für ihre menschenfeindlichen Parolen finden können. Auch der Aufstieg der rechtspopulistischen Parteien in Europa, wie z.B. der AfD in Deutschland, zeigt, wie die Krisenerfahrungen der letzten Jahre in reaktionäre Erklärungsmuster münden können. 70 Jahre nach der Befreiung Europas von der Gewaltherrschaft der Nazis ist für uns deshalb klar, dass der erste Mai ein internationalistischer Kampftag ist, an dem wir uns nicht gegeneinander ausspielen lassen und gemeinsam ein klares Zeichen gegen Kapitalismus, Rassismus, Sexismus und Antisemitismus setzen wollen.

Durch die kapitalistische Krise verwandelt sich die politische Landschaft in der BRD in eine unübersichtliche Situation: Ansätze sozialer Bewegungen, wie etwa MieterInnenproteste unter dem Motto ‚Recht auf Stadt‘ oder die Kämpfe von Geflüchteten, stehen reaktionären Strömungen wie der marktradikalen AFD, PEGIDA und den „Mahnwachen“ gegenüber. Die etablierten Parteien bemühen sich, die Proteste von allen Seiten zu integrieren. Mit Mindestlohn und Mietpreisbremse werden die Einen scheinbar bedient, während durch die für 2015 angesetzte Reform zur Verschärfung des Asylrechts der Ausschluss der Anderen vorangetrieben wird. Der deutsche Kurs der Austeritätspolitik sorgt hier und vor allem in Griechenland, Spanien und Portugal für eine Verschärfung der Ungleichheit und gefährdet soziale und demokratische Errungenschaften. Den stattfindenden sozialen Kämpfen und Konflikten, vor allem aber ihrer ideologischen Verarbeitung, wollen wir etwas entgegensetzen.
Wir schaffen uns einen Raum in der Nähe des Trierer Infoladens, um zusammenkommen, zu reden, sich auszutauschen, zu feiern und sich untereinander kennenzulernen. Dabei laden wir ausdrücklich alle Interessierten dazu ein, vorbeizukommen und mit uns Musik und ein paar Redebeiträge zu hören. Auch wer selbst noch nicht daran gedacht hat die „ganze Bäckerei“ übernehmen zu wollen, ist herzlich eingeladen sich bei uns ein Stück Kuchen abzuholen.

„Reißen wir die Mauern ein, die uns trennen, kommt zusammen Leute, lernt euch kennen. Du bist nicht besser, als der neben dir, Keiner hat das Recht Menschen zu regier’n“ (Ton Steine Scherben)

Unterstützer*innen des Aufrufs 2015:

Autonome Antifa Trier, DGB-Jugend Trier, Feministische Aktion Trier, Infoladen Trier, jungeNGG Trier, LINKE.SDS Trier, Linksjugend [’solid] Trier, Multikulturelles Zentrum Trier, Referat für Antirassismus und Antifaschismus an der Uni Trier, Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ) Trier, Sozialistische Jugend – Die Falken Trier, TrierVegan